Montag, 7. August 2017

Burn the formwork


Burn the formwork, SPM17, Foto: Klaus Geigle 2017

Ich liege am Ufer des Kanals in der Sonne und wärme mich auf,
wie jeden Tag, nachdem ich meine Marathonstrecke geschwommen bin.
Auf der anderen Kanalseite befindet sich eine Art Industriebrache,
oder eine verlassene Baustelle: Verrostete Kräne, Schutthaufen,
Steinhaufen, Metallplanken und so weiter. Irgendwann fällt mir auf,
dass gehäuft Leute mit einem Stadtplan in der Hand über die Baustelle kraxeln.
Der leichte Ostwind weht verzweifelt klingende englische Sprachfetzen
zu mir herüber. Das Ganze stinkt nach den Skulptur Projekten.
Vielleicht, kommt mir die Idee, hat der Künstler einfach die Baustelle zur Skulptur
erklärt, und von dem ihm zu Verfügung gestellten Etat macht er gerade
einen Luxusurlaub auf den Seychellen? Auf dem Rückweg entdecke ich neben
der Baustelle ein betoniertes Etwas, das offensichtlich schon öfter
von den Schwimmgästen zum Luxusgrill umfunktioniert wurde.
Offensichtlich ist das die Skulptur.



Am Abend dann die Auflösung: Bei einer krossen Bratwurst auf der
Dachterrasse erklärt mir ein Kollege, dass das mit dem Grill durchaus so
gemeint sei, und der Künstler Oscar Tuazon und die
Arbeit Burn the formwork hieße. Ein Anderer
meint, er sei „voll auf LSD“ gewesen, als er sich die Skulptur
anschaute und spricht enthusiastisch von einer sensiblen Arbeit.
Ich frage mich seitdem, wie zur Hölle man auf die Idee kommen
kann, sich die Skulptur Projekte in Münster auf LSD anzuschauen.
Schließlich liegt ja schon ganz nüchtern betrachtet ein Horrortrip
in der Luft, wenn man sich das komplette Skulpturenprogramm antun will.
Ich frage mich außerdem, was es wohl in
diesem Fall bedeuten würde, „auf einem Trip hängenzubleiben“?



Würde der Betroffene für den Rest seines Lebens immer
und überall nur noch Kunst und Skulpturen
erkennen? Würde er zum Beispiel vor einer Bushaltestelle
stehenbleiben und von einem großartigen Kunstwerk sprechen
und die unter dem verschimmelten Dach Wartenden fragen, wer
der Schöpfer dieses Werkes sei? Würde er sich beim Infostand
von real informieren wollen, wer die Häuschen für die
Einkaufswagen entworfen hat?

Klaus Geigle für

Klaus Geigle ist Autor einer von Dr. Stephan Trescher und Ruppe Koselleck sowie skeptischen Anteilen der Restredaktion des Der Meisterschüler kuratierten kritschen Reihe über die Skulptur, versteckte 2017 – Hierbei entsteht ein Blogbuch zum Großkunstereignis zwischen Stadt- und Kunstmarketing. In lockerer Folge werden sich hier verschiedene Autorinnen und Autoren in Einzelbetrachtungen eine kritische Bestandsaufnahme über diese erfolg- wie folgenreiche Ausstellung leisten. Diskurs auch auf FB, mögl... 

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