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Ruppe Koselleck und Susanne von Bülow im Zentrum für Peripherie NRW |
Wir waren gestern unterwegs und aktiv auf den
Kunstpunkten in Düsseldorf - genauer dort bei Ute Reehs
ZENTRUM FÜR PERIPHERIE, welches sich aktuell auf einer Bausstelle am
Wittenberger Weg in Garath befindet. Mit der örtlichen Bevölkerung
backten wir uns entlang genagelter Grenzen durch die Konflikte dieser
Welt.

KUCHEN ESSEN ALLES VERGESSEN arbeitet seit vier Jahren an dem freimütigen und leichtfertigen Konsum kuchenfertiger Staaten, Länder und En- wie Exklaven dieser gegenwärtigen und historischen Welt.
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Brexit
als Kuchen und eine noch unlädiertes Spanien als Bicuitzuschnitt im
Zentrum für Peripherie in Düsseldorf. Historik und Kulinarik nähern sich
auf europäisch blauen Folien. |
Wir erstellten neue Kuchenförmchen für den BREXIT, das
bevorstehende catalunische Regionalaufbegehren und nagelten uns entlang
der alten Zonengrenze... Endlich reduzi
erten wir BRD und DDR zu einer genießbaren Geschichtstorte!
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Spanien
vor der Abstimmung. Wir verspeisen nationale Kostbarkeiten und verlegen
Grenzen nach kulinarischen und historischen Gesetzen der tagesaktuellen
Geschmäcker. Enthält Spuren regionaler und nationaler Eigenarten, sowie
Zucker und bunten Fondant (gewalzt) |
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BRDDR als Schichtkuchen. Selten so grün und lecker. |
Von 11 - 18 Uhr standen wir als ästheto-historische Konfliktlöser und
Kuchenbäcker in Garath und genossen die wunderbar Atmosphäre des
KUNSTPUNKTE OFFRAUMPROGRAMMs. Aus der nahen Ferne des Schwarzen Weges weht das Rauschen der Autobahn in unsere gut besuchte Kuchenstation, wo wir unter Planen neben der Baustelle des Wiesencafés arbeiten.
Das Zentrum für Peripherie NRW arbeitet hier inmitten sozialen Wohnungsbaus in der "rheinischen Ex-Bronx" - in einem tollen Viertel, wo uns erst schüchtern und mit zunehmenden Selbstverständnis Kinder vereinzelt und später in Scharen besuchen. Und - ehrlich, zu unserer großen Überraschung - bleiben sie neugierig und friedlich.

Gemeinsam mit Jugendlichen stehen wir vor unbeschrifteten Landkarten, deren unbekannte Umrisslinien Länder und Konflikte, Geschichte und Geschichten ergeben, die neue Formen und Förmchen herausbilden werden. Unterschiedliche Herkünfte verweisen auf östliche Staaten und lassen uns noch einmal die Sowjetunion auflösen und Krimkekse in vielen nationalen und post-nationalen Farben entwickeln.
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Krim Kekse in ukrainischen, sowjetischen und russischen Farben. |
Irgendwo zwischen spannenden Gesprächen
über geopolitische Plätzchen sowie moralischen Deplazierungen, einem
aufkeimenden Kindergeburtstag (denn es versammelten sich schließlich bis zu 20 Garather Kinder und Jugendliche um uns herum, die alle zugleich und sofort (!) Kuchen backen, essen und
Ländergrenzen zu Förmchen nageln wollten!) verbrachten wir einen
ungewöhnlichen Tag in Düsseldorf.
Eigentlich finde ich partizipative Projekte und pädagogische Ansprüche im Kunstkontext oder besser KONSTKENTUXT regelmäßig scheußlich, schrecklich und langweilig.
Hier in Garath auf dieser seltsamen Kunstbaustelle von Ute Reeh - dieser um eine angewandte konkrete Utopie ringende künstlerische Caféwerdung, fiel mir auf einmal auf, dass es hier in GARATH ganz egal wurde, ob wir noch Kunst, Kuchen oder Geschichtsvermittlung betrieben.
Es entwickelte sich eine Stimmung die so viel Vergnügen verbreitete, dass am Ende die Jugendliche beim benachbarten ALDI die Projektflyer als ein absurdes Wahlkampfmanöver auf dem Parkplatz verteilten.
So trafen wir auf ein anderes Düsseldorf, als das, was wir kennen - auf ein unbeschwert und unbekümmert, neugieriges und hungriges Vorstadtmärchen im Schatten der feierabendschwangeren Landstraße nach woandereshin...
Und jetzt, wo wir eingepackt haben, bleiben viele Fragen im Raum stehen...und in ein paar Tagen folgen weitere Reflexionen vielleicht.
Anstelle des Brexits schlagen wir vor, diesen einfach aufzuessen, anstelle weiterer Krimkriege oder salziger catalanischer Cremas....
Historische Geschichtskuchen, Krimkeks oder catalanischer Spaltplätzchen hinterlassen zuckersüße Eindrücke einer utopischen unverdaulichen Geschichte auf dem Gaumen, im Magen ...und auch dem was dabei heraus kommt!
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Susanne von Bülow und Ute Reh im Gespräch |
Immer wieder ratlos und lecker!
Wir sollten uns häufiger treffen, um gemeinsam Geschichte entlang verblichener und werdender Demarkationslinien zu versüßen, zu verspeisen und zu verdauen.
Herzlich, Eure und Ihre,
Susanne von Bülow und
Ruppe Koselleck
für
KUCHEN ESSEN ALLES VERGESSEN
im
Der Meisterschüler