Donnerstag, 29. Juni 2017

Her mit dem Schotter!

Skulp & Blog -  eine postkryptische Bestandsaufgabe der Skulpturprojekte Münster 2017 mit multiplen Autoren - Gästen und Festen.

Ein Klotz als adäquates Rückriemsurrogat? (Luthat et al.) Foto Stephan Trescher 2017
Dr. Jackie L. Stevenson über Momentary Monument – The Stone von Lara Favaretto
 
Was von weitem aussieht wie ein schlechter Rückriem (auch wenn der so einen groben Klotz nicht mal im Suff aufgestellt hätte), erweist sich bei näherer Betrachtung – des Kataloges – wirklich und wahrhaftig als Groschengrabstein, das heißt als die hässlichste Sparbüchse, die die Welt je gesehen hat. 
Tatsächlich ist da ein Schlitz im Klotz – und man soll für einen unzweifelhaft guten Zweck Geld hineintun.
Nur: warum sollte man? Um die Verlogenheit dieses Kunstwerkes auch noch zu honorieren?
Erst behauptet die Künstlerin, sie stelle ein Monument auf Zeit aus. Das ist nicht sonderlich bemerkenswert für eine Ausstellung, die nach vier Monaten sowieso wieder abgebaut wird.
Dann tut sie sich damit groß, dass das Material der zerstörten Skulptur wiederverwertet wird – Kunstwerke zu Schotter!
(Normalerweise nehmen Künstler ihre vier Meter hohen Granitklötze nach Ende der Ausstellung nämlich mit nach Hause zum Kuscheln.)
Und schließlich damit, dass sie ja Geld sammelt für einen guten Zweck. Wenn es ihr damit ernst wäre, würde sie auf die Herstellung des steinernen Sparschweins verzichten und das Geld für Produktion, Transport, Aufstellung und ihr Honorar direkt überweisen.
Glaubt irgendwer, dass es Frau Favaretto mit diesem unspezifischen Ding gelingt, besonders viele Spendengelder zu generieren?
Der Schlitz im hohlen Granitgestein .... Foto: Stephan Trescher 2017
In Wirklichkeit ist es nur eine großspurige Geste, in Stein gehauen, und. schon wieder eine Skulptur, die in Wahrheit nicht auf der grünen Wiese steht, sondern auf irgendeiner Metaebene.
Ein Schild hätte genügt: „Wir bitten von Kranz-, Kunst- und Samenspenden abzusehen. Bitte überweisen Sie stattdessen Ihr Geld auf eines der folgenden Konten…“

Dr. Jackie L. Stevenson für den
Der Meisterschüler

Stevenson ist die erste Autorin einer von Dr. Stephan Trescher und skeptischen Anteilen der Restredaktion des Der Meisterschüler kuratierten kritschen Reihe über die Skulptur, versteckte 2017 – Hierbei entsteht ein Blogbuch zum Großkunstereignis zwischen Stadt- und Kunstmarketing. In lockerer Folge werden sich hier verschiedene Autorinnen und Autoren in Einzelbetrachtungen eine kritische Bestandsaufnahme über diese erfolg- wie folgenreiche Ausstellung leisten. Diskurs auch auf FB, mögl..

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Unzweifelhaft Monument 35 von bisher 36.

Anonym hat gesagt…

Der Kunstkritiker Raimar Stange sieht die Skulptur Projekten in Münster insgesamt anders und belegt das in seinem lesenswerten Beitrag für rhizome.hfbk.net : https://rhizome.hfbk.net/posts/20734

Anonym hat gesagt…

Nach mehrmaligem Vorbeiradeln muß ich gestehen: Der Ludgeriplatz hat diese zweite (manche zählen auch dritte oder wegen Abräumung vierte) Skuptur verdient. Und zurecht heißt er im Volksmund der Fußball- und Eventliebhaber :: Feierkreisel.