Skulp & Blog - eine postkryptische Bestandsaufgabe der
Skulpturprojekte Münster 2017 mit multiplen Autoren - Gästen und Festen.
Die
Synthese aus Potemkin’schem Dorf und Fototapete. Das Schloss-Foto zeigt die Stützen, die das Bauwerk am Zusammenfallen hindern. Foto S.T. 2017 |
Ein cleverer Schachzug der beiden Künstlerinnen Katharina Stöver und Barbara Wolff ist sicher ihre Namensgebung. Praktisch jeder liest bei der ersten Begegnung mit dem Namen des Duos die brasilianische Fußballerlegende im Genitiv mit – schließlich würde einem Fußballer diesen Formats jederzeit ein eigenes Imperium zugebilligt. Wenn man dann erfährt, dass es sich bei „Peles“ in Wahrheit nur um einen verfallenes Schloss in Rumänien handelt (an dem immer ein kleiner Schnörkel fehlt, weil man es eigentlich „Peleş“ schreiben müsste), ist man zwar enttäuscht, aber schon in die Aufmerksamkeitsfalle gegangen.
Auf
der Rückseite sind es ähnliche Stützen (nur aus Metall statt aus Holz),
die die falsche Giebelfassade tragen. Dazu gibt es Schlieren vom Kopieren S.T. 2017 |
Man könnte nun behaupten, auch ihre Hütte für Münster sei eine solche Wahrnehmungsfalle, denn vor ihren abgetreppten Schuppen haben sie eine Fassade geblendet, die der Form nach zwar einen Stufengiebel zitiert, aber ein großes Schwarzweißfoto von einem Ausschnitt besagten Schlosses zeigt.
In diese Falle geht aber nun gar keiner, und wahrscheinlich ist das auch nicht beabsichtigt, zu offensichtlich ist das Foto des baufälligen historistischen Gebäudes auch noch rechteckig gerastert und die Scheinheiligkeit der falschen Fassade und ihrer aufwendigen Stützkonstruktion von mindestens drei Seiten des Gebäudeleins einsehbar.
Diese Fassade überragt nun das eigentliche Bauwerk, das, ganz in weiß, mit grauen Schlieren verziert ist. Das soll etwas mit Kopieren zu tun haben und das Kopieren mit Zitieren, was wiederum auf die eklektizistische Stilvielfalt des Historismus verweisen soll. Aha.
Abgestuftes Innenleben Foto: S.T. 2017 |
Auf der Rückseite des Schuppens gibt es sogar eine schicke Schiebetür, durch die man ins Innere gelangen kann, um festzustellen, dass es die Aufenthaltsqualität einer leeren Garage besitzt (worüber auch die Anwesenheit eines schräg in den Raum gebauten Tresens nicht hinwegtrösten kann). Dort drinnen gibt es dann einfach nicht genug Sauerstoff, um ein Gähnen unterdrücken zu können.
Und draußen? Ach je, ach ja, wer hätte das gedacht, dass der vorgeblendete Stufengiebel aus der Bebauung des Münsteraner Prinzipalmarktes abgeleitet ist? Und zwar nicht einem konkreten Gebäude nachgebildet, sondern aus dem Durchschnitt aller Fassaden errechnet. Wie bezeichnend:
Das Ganze ist also offenbar nichts als ein Monument der Durchschnittlichkeit. Warum diese Kreuzung aus Stufenpyramide, Plakatwand, Partykeller und Geräteschuppen nun ausgerechnet „Skulptur“ heißt – wer weiß? Vielleicht um den Einfallsreichtum dieser Behelfsarchitektur zu unterstreichen.
Das Ganze ist also offenbar nichts als ein Monument der Durchschnittlichkeit. Warum diese Kreuzung aus Stufenpyramide, Plakatwand, Partykeller und Geräteschuppen nun ausgerechnet „Skulptur“ heißt – wer weiß? Vielleicht um den Einfallsreichtum dieser Behelfsarchitektur zu unterstreichen.
Dr. Jackie L. Stevenson
für den DER MEISTERSCHÜLER
Dr. Jackie L. Stevenson ist Autorin einer von Dr. Stephan Trescher und Ruppes skeptischen Anteilen der Restredaktion des Der Meisterschüler kuratierten kritschen Reihe über die Skulptur, versteckte 2017
– Hierbei entsteht ein Blogbuch zum Großkunstereignis zwischen Stadt-
und Kunstmarketing. In lockerer Folge werden sich hier verschiedene
Autorinnen und Autoren in Einzelbetrachtungen eine kritische
Bestandsaufnahme über diese erfolg- wie folgenreiche Ausstellung
leisten. Diskurs auch auf FB, mögl..
...als redaktionelles APPENDIXI wird hier erstmalig Claude und Harry ihre Reise nach Kassel verlinkt... Vom Guten, Wahren, Schönen. Ein erster Beitrag zur D14.
Fußballbezug: 0
Münsterbezug: 0,5
Schonbezug: 5,0
4 Kommentare:
Liebe Stevenson,
es ist Ihnen der phänomenale DIN A3 Bezug der zugegeben schwierigen architektonischen Totalkomposition entgangen - alle Maße der Skulptur beziehen sich auf rumänische Schloßkopien mit einem hohen Grad peridrakulinischer Neuschwansteinnäherungen. Jedes Element wird in der DEUTSCHEN INDUSTRIENORM A3 realisiert und zeigt die unschöne Mittelwertsfassade von Münster, wenn man alles übereinanderlegt - aus plastikaner Lust am Material!
Peles Empire ist eine wohlfeil, grenzskulpturale sowie vergnügte Beschreibung der normierten Oberfläche einer Stadt, eines Landes - der ganzen Welt.
Alles in A3
Grüße von B. Luthat für den DER MEISTERSCHÜLER
Der Kunstkritiker Raimar Stange sieht die Skulptur Projekten in Münster anders und belegt das in seinem lesenswerten Beitrag für rhizome.hfbk.net : https://rhizome.hfbk.net/posts/20734
Ich wußte sofort, daß diese Fassade nur für die verheimlihte Bar drinnen erstellt wurde, wo die Kuratoren mit den vom Tagesbeobachtungsgeschäft komplett fertigen Aufsichten dann ein Mineralwasser zur Erheiterung trinken. - Na, Wohl bekommt´s!
Head&Shoulders verspricht: Deutschland wird schuppenfrei!
Es besteht also noch Hoffnung....
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