M.R. Heydt über neue Biere aus Weltfalen - oder aber was passierte, als ein Nigerianer nach Münster kam. Ein Gastbeitrag über Emeka Ogboh und Philipp Overbergs -
Quiet Storm im Skulpturen Projekt 2017.
Die äußere Form
Schlicht, aus braunem Glas, aber von der Norm doch abweichend durch den zweifach geschweiften Hals und den kurzen, gedrungenen Korpus. Das gelblichgrüne Etikett zeigt stilisierte Bienenschatten auf einer Blütenform, deren Gestalt aus der graphischen Darstellung eines Klangs generiert wurde. Darauf prangt in weiß und schwarz der namensgebende Schriftzug „quiet storm“. So weit, so schick. Die Rückseite des Etiketts verrät uns schon ein wenig mehr: Es handelt sich hier um „Honigbier mit Lindenblüten“, ist irgendwie eine Kooperation von ganz vielen Menschen und hat mit Lagos und mit Münster zu tun.
Die Geschichte
Der nigerianische (zur Zeit auf deutsch- maximalem Erfolgskurs befindliche) Künstler Emeka Ogboh hatte eine Idee: Er wollte ein Bier brauen lassen, das eine Verbindung zwischen seiner Heimat und der Stadt Münster herstellt. Zu diesem Zwecke hatte er Aufnahmen vom Alltagslärm der Millionenstadt Lagos mitgebracht. Die sollten den Gärprozess auf magisch-musikalische Weise beeinflussen. Für den westfälischen Anteil begab sich der Münstersche Bierbrauer Philipp Overberg von der Gruthaus-Brauerei auf die Suche nach möglichst typischen Zutaten für ein Bier aus Münster im Sommer und kam auf den Gedanken, daß die zahlreichen Linden, welche die Promenade umstehen, einen erheblichen olfaktorischen Reiz entwickeln, wenn sie im Sommer blühen.
Um aber keinen Lindenblütentee kochen zu müssen und den Duft konzentriert einfangen zu können, kaufte er in großen Mengen hiesigen Lindenblütenhonig ein und machte sich an die Entwicklung eines neuen Bier-Rezeptes. Währenddessen entwickelte der Musiker Thomas Bücker die Geräusche von Ogboh weiter zu einem „Fermentations-Soundtrack“ und Overberg ersann eine Methode zur Anbringung der Kontaktlautsprecher an den Gärtanks, so dass schließlich in der belgischen Brauerei Anders afrikanische Klänge und Münsterscher Honig nebst etlichen anderen Zutaten zur Braukunstsynthese gebracht werden konnten. Ob Hefekulturen, so ganz ohne Ohren, nun besonders empfindsam auf Klänge reagieren, weiß ich nicht – aber immerhin sollen ja auch Kühe angeblich mehr oder bessere Milch geben, wenn sie mit Mozart beschallt werden….
Der Gehalt
“Honey is flowing in all directions” hat schon Beuys postuliert. Sollen wir Quiet Storm also als ein Stück Kunst betrachten? Dann ist es so etwas wie das perfekte Multiple. In beinahe unbegrenzter Stückzahl produziert, daher auch zu einem absolut erschwinglichen Preis von jedermann zu erwerben, selbsterklärend, mit hohem partizipativem Anteil auf Seiten des Kunstkäufers, kurz: eine Demokratisierung der Kunst in höchstem Maße. Und das Ganze auch noch in Kombination mit Aussicht auf das Erreichen höherer Bewusstseinsebenen durch erhebliche Umdrehungen innerhalb der Flasche. Selbst wenn wir es nur als ein Stück Braukunst betrachten: Wahrscheinlich ist es nichts für Hansa-Pils-Afficionados. Aber für Menschen, die noch Geschmackspapillen besitzen, ist es die reinste Gaumenfreude: Körperreich, kräftig und blumig zugleich, mit honigsüßem Grundton und einer frischen Zitrusnote, wobei der Hopfen die Linde noch immer dominiert, schwer wie ein Sommerregen; goldgelb im Glas und feinperlig – ein Trinkerlebnis der besonders leckeren Art und der gehobenen Güteklasse.
M.R. Heydt für den
Der Meisterschüler
Heydt ist Autor einer von Dr. Stephan Trescher und skeptischen Anteilen der Restredaktion des Der Meisterschüler kuratierten kritschen Reihe über die Skulptur, versteckte 2017 – Hierbei entsteht ein Blogbuch zum Großkunstereignis zwischen Stadt- und Kunstmarketing. In lockerer Folge werden sich hier verschiedene Autorinnen und Autoren in Einzelbetrachtungen eine kritische Bestandsaufnahme über diese erfolg- wie folgenreiche Ausstellung leisten. Diskurs auch auf FB, mögl..
Skaliertes Bewertungsraster n.d.L.A.
Partizipation: 10
Alkoholgehalt: 7,5
Geschmack 10
Hier sehen Sie den afrikanischen Superschall im Bier beim tomatenbasierten Dachtest. Wir kamen zum Schluß, dassssssjlfdsuafkönerölrulknfdlskruenlkdfunkdlsföueifrenwnöliruewöindosiazqüweirjewlkrnlksdn. Gut so! Foto: Ruppe Koselleck 2017 |
Ein eigenes Probetrinken werden wir aus redaktionellen Gründen vorerst vertagen. Aber darüber später berichten! Die Redaktion.
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